Reizdarmsyndrom: Symptome, Diagnose, Behandlung

„Sie bilden sich Ihre Darmbeschwerden nur ein. Dagegen kann man nichts machen. Leben Sie damit.“

Kennst du diesen Satz? Entscheidend ist, dass man auf Ursachensuche geht und nicht nur rein die Symptome behandelt. Aus diesem Grund möchte ich dir nachfolgend das Reizdarm-Syndrom vorstellen. Du erfährst alles über die Symptome, Diagnose und seine Behandlung.

Du bildest dir deine Beschwerden nicht ein

Viel zu oft habe ich von meinen Patient*innen bereits erzählt bekommen, dass sie mit diesem Satz weggeschickt wurden. Kein Wunder, dass man sich hier im Stich gelassen fühlt und alleine komplett überfordert ist mit allem.

Das muss auf gar keinen Fall so sein! Du bildest dir deine Beschwerden nicht ein, denn ohne Grund signalisiert unser Körper uns nicht, dass etwas nicht stimmt.

Wann spricht man von einem Reizdarm-Syndrom?

Der Begriff Reizdarm-Syndrom (RDS, auf Englisch Irritable Bowel Syndrome = IBS) beschreibt eine diffuse funktionelle Darmerkrankung. Diese ist durch wiederkehrende Beschwerden mit Bauchschmerzen, Blähungen und/oder Veränderungen des Stuhlgangs gekennzeichnet.

Im Vergleich sind Frauen etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.

Häufigkeit

Repräsentativen Umfrageergebnisse geben in den westlichen Industriestaaten etwa 10-15 % der Bevölkerung an, an einem Beschwerdebild zu leiden, das dem Reizdarmsyndrom zugeordnet werden kann. Im Vergleich sind Frauen etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Da es sich bei dem Reizdarmsyndrom um kein klar abgrenzbares Krankheitsbild handelt, das nur aufgrund des Ausschlusses anderer Erkrankungen diagnostiziert wird, sind aussagekräftige Daten allerdings schwer zu ermitteln.

Reizdarm-Symptome: Die vier Untergruppen

Sehr typische Beschwerden sind Schmerzen im Unterbauch, Druckgefühl, starke Blähungen im Zusammenhang mit Durchfall und/oder Verstopfung sowie dem Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung. Aufgrund der vorliegenden individuellen Hauptsymptome kann man Reizdarm-Patient*innen in verschiedene Untergruppen einordnen.

Diagnose Reizdarm-Syndrom: Die ROM-IV-Kriterien

Für die Diagnosestellung müssen chronische Beschwerden im Verdauungstrakt auftreten (bekannt als ROM-IV-Kriterien). Genauer gesagt müssen die Darmbeschwerden in den letzten drei Monaten* mindestens einmal pro Woche auftreten und zusätzlich noch mindestens zwei der nachfolgenden Kriterien zutreffen:

  • Zusammenhang mit Stuhlentleerung bemerkt
  • Veränderte Stuhlhäufigkeit bemerkt
  • Veränderte Stuhlkonsistenz/-form bemerkt

*Der Symptombeginn begann vor über 6 Monaten.

Hinweis:

Solltest du das Gefühl haben, dass die Kriterien auf dich zugreifen, dann kläre deine Symptome am besten mit einem Gastroenterologen ab. Du kannst dich auch gerne bei mir melden und ich helfe dir dabei:
Nachricht an office@diaetologie-eberharter.at senden oder über das Kontaktformular.

Ursachen und Einflussfaktoren für das Reizdarm-Syndrom

Bislang konnte noch keine eindeutige, alles umfassende, Ursache festgestellt werden. Jedoch gibt es verschiedene Faktoren, die vermutlich an der Entstehung des Reizdarmsyndroms beteiligt sind:

  • leichtgradige Entzündungsprozesse mit einer erhöhten Mastzelldichte in der Darmschleimhaut und vermehrter Histaminfreisetzung
  • abnorme Serotoninspiegel im Magen-Darm-Trakt, die zu einer gestörten zentralnervösen Regulation, einer erhöhten Stressreaktion sowie einer gesteigerten Schmerzwahrnehmung im Bauchbereich beitragen
  • Störungen des Mirkobioms und bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms
  • erhöhte Darmdurchlässigkeit
  • veränderte Darmbeweglichkeit
  • psychosomatische Faktoren
  • verstärkte Gärungsprozesse im Darmlumen
  • gesteigerte spasmolytische Aktivität der Darmmuskulatur

„Du bildest dir deine Darmbeschwerden NICHT ein!“
(Diaetologin Petra Eberharter)

Im Vergleich zu Gesunden haben Betroffene, die unter einem Reizdarm leiden, eine höhere Schmerzwahrnehmung im Darm. Eine Nahrungsaufnahme und höherer Druck können die Dünndarmperistaltik, also die Muskeltätigkeit des Darms, deutlich schneller erhöhen. Somit werden Völlegefühl und Blähungen stärker wahrgenommen. Gleichzeitig setzt der psychische Stress in Form von ständigen Gedankenkreisen, Ängsten, Sorgen und Nöten einen Teufelskreis in Gang. Die Folge sind vermehrte Muskelverkrampfungen und erhöhte Schmerzwahrnehmung im Darm.

Aktuelle Ernährungsempfehlungen: Die FODMAP-arme Diät

Bisher wurden Patient*innen mit Reizdarmsyndrom (Irritable Bowel Syndrome) durch eine Leichte Vollkost ernährungstherapeutisch betreut, beziehungsweise bei positiven Testergebnissen auf eine laktose-, fruktose- und sorbitarme Ernährung umgestellt.

Nach Jahren der Forschung mit Reizdarmpatient*innen wurde in Australien die sogenannte „FODMAP-arme Diät“ entwickelt. Der Verband der Diaetologen Österreichs hat diese Empfehlungen auf die österreichischen Ernährungsgewohnheiten angepasst. Es ist ein einheitliches, evidenzbasiertes FODMAP-Konzept entstanden, welches in ganz Österreich Anwendung finden soll.

Was sind FODMAPs und wo kommen Sie vor?

Als FODMAPs werden Kohlenhydratbestandteile zusammengefasst, die nicht bzw. schwer verdaulich sind. Weiters können sie Bauchbeschwerden verstärken. Zu den FODMAPs zählt man fermentierbare Oligosaccharide (= Fruktane und Galaktane), Disaccharide
(= Laktose/Milchzucker), Monosaccharide (= Fruktose/Fruchtzucker) (and)/und Polyole
(= Zuckeralkohole z.B. Sorbit, Mannit).

Fruktane, Galaktane Laktose Fruktose + Polyole

 

Getreide: u.a. Weizen, Roggen

Gemüse & Hülsenfrüchte:

u.a. Kohl, Linsen, Lauch, Kichererbsen, Zwiebel, Kohlsprossen, Artischocken

Obst: Dattel

Nüsse & Kerne: Pistazien, Cashew

Sojamilch aus Sojabohnen

 

Milch & Milchprodukte:

Kuh, Ziege, Schaf, …

 

Gemüse: Topinambur, Karfiol, Pilze, Spargel, Zuckererbsen

Obst: u.a. Apfel, Birne, Kirsche, Mango, Wassermelone, Pfirsich, Kaki, Marille, Nektarine, Pflaumen, Dörrobst sowie div. Fruchtsäfte

Süßungsmittel: Honig, Fruktose, Maissirup, Agavensirup

Zuckeraustauschstoffe:
Sorbit (420), Xylit (967), Mannit (421), Maltit (965), Isomalt (953)

(zuckerfreier) Kaugummi, Zuckerl

Wellnessgetränke

Hinweis: Tabelle ist unvollständig

Das ernährungstherapeutische Konzept sieht die Reduktion der FODMAPs in der Nahrung vor und ist in erster Linie zur Betreuung von Patient*innen mit funktionellen gastrointestinalen Störungen wie Reizdarmsyndrom geeignet.

Was bewirken FODMAPs?

Sie können einerseits zu Durchfall führen und/oder andererseits können Darmbakterien Inhaltsstoffe (FODMAPs) dieser Lebensmittel abbauen. Die entstandenen Gase verursachen Blähungen und Bauchschmerzen.

Wie läuft die Ernährungstherapie ab?

Die FODMAP-arme Diät läuft in 3 Phasen ab, in denen die Patient*innen von einer/einem geschulten Diaetolog*in begleitet und beraten werden.

  • Phase 1 oder „Ausschlussphase“ genannt, beinhaltet das strikte Meiden von FODMAP-reichen Lebensmitteln. Ziel ist es, eine rasche Symptomlinderung herbeizuführen.
  • In der Phase 2 auch „Aufbauphase“ genannt, wird die individuelle Toleranz gegenüber einzelner FODMAP-reicher Lebensmittel ausgetestet.
  • Die Phase 3 beinhaltet die „Erhaltungsphase“, wo eine dauerhafte Ernährungsform, die individuell auf die Bedürfnisse und das Wohlbefinden der Patient*innen abgestimmt ist, gefunden wird.

Meine Erfahrungen aus der Praxis

Durch meine jahrelange Erfahrung mit Patient*innen mit Reizdarm-Syndrom und anderen Verdauungsbeschwerden habe ich meine erprobte Ernährungstherapie entwickelt. Diese beinhaltet ebenfalls drei Phasen:

  • Entlastungsphase, um den Magen-Darm-Trakt zur Ruhe zur bringen.
  • Aufbauphase, um deine individuelle Toleranzgrenze heraus zu finden.
  • Zielphase, um dir die größtmögliche Auswahl an Lebensmitteln sicher zu stellen.

Dabei ist mir ein ganzheitlicher Ansatz wichtig, denn die Ernährung ist nicht alles. Aus diesem Grund bespreche ich in der Beratung auch weitere Einflussfaktoren, wie Psyche, Bewegung und Schlaf. Sowohl in meinen Einzelberatungen (1:1), in meinem E-Book, als auch in meinem multiprofessionellen online Gruppecoaching arbeite ich gemeinsam mit dir nach dem ganzheitlichen Konzept zur Behandlung von Reizdarm-Syndrom und Darmbeschwerden.

So kannst du mit mir arbeiten

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Quellen:

  • Barrett, 2013, Nutrition in clinical practice 28(3):300–6.
  • Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V. (2014). Leitfaden für Patienten: Reizdarmsyndrom.
  • Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V. (2008). Ratgeber für Patienten: Reizdarmsyndrom.
  • Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention für Professionalität in der Ernährungsberatung: https://fet-ev.eu/?s=reizdarm [Internet] Stand 10.06.2020.
  • FODMAP-arme Diät, Diaetologischer Behandlungsstandard, Patienten/Patientinnen-Beratungsleitfaden, Arbeitskreis FODMAP-arme Diät, Verband der Diaetologen Österreichs, 2. Auflage 2016, Wien.
  • Gibson, 2010, Journal of gastroenterology and hepatology 25(2):252–8.
  • Gibson, 2013, Internal medicine journal 43(10):1067–74.
  • Gibson, 2012, The American journal of gastroenterology 107(5):657-66.
  • Kasper H. (2014). Ernährungsmedizin und Diätetik (12. Aufl.), Urban & Fischer Verlag, München.
  • Layer P, Andresen V, Pehl C, Allescher H, Bischoff SC, Classen M, et al.: S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Z Gastroenterol. 2011;49(2):237-93.
  • Monash University: The Low FODMAP Diet: https://www.monashfodmap.com/ [Internet] inkl. App, Stand 10.06.2020.
  • Layer, V. Andresen, H. Allescher, S. C. Bischoff, M. Claßen, S. Elsenbruch et al.: Update S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Reizdarmsyndroms der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM). Manuskript. Juni 2020.
  • Schilling, B. (2020). FODMAP-Ernährungstabelle. fodmap.ch (Stand 09.06.2020)

4 Gedanken zu “Reizdarmsyndrom: Symptome, Diagnose, Behandlung”

  • Danke für den informativen Beitrag und die Aufklärung über FODMAPs und in welchem Essen diese vorkommen. Ich leide schon seit einiger Zeit an Darmbeschwerden und habe deshalb auch eine Diät gemacht, die mir allerdings nicht geholfen hat. für eine Diagnose werde ich mich die Tage nun an passenden einen Facharzt wenden.

  • Hallo Jan! Vielen Dank! Es freut mich zu hören, dass du dir vom Artikel viel mitnehmen hast können. Ich finde es sehr gut, wenn du dir professionelle Hilfe suchst. Meine Erfahrung ist es, dass neben der Ernährung auch andere Faktoren wichtig sind, um durch einen gesunden Darm wieder zu seinem persönlichen Wohlfühl-Ich zurück zu kommen. Ich unterstütze dich sehr gerne dabei.

  • Danke für diesen ausführlichen Artikel. Ich befürchte, dass meine Symptome teilweise ähnlich sind, weshalb mir zu einem Termin bei einem Gastroenterologen geraten wurde. Ich hoffe, dass ich bald mehr weiß.

  • Hallo Harry!

    Danke für deinen Kommentar. Mit den Symptomen bist du nicht alleine. Viele meiner Patient*innen berichten davon. Umso wichtiger ist es, dass man Ursachensuche geht und du hier schon einmal eine Abklärung bei Gastroenterolog*innen machst. Sehr gerne stehe ich dir im Zuge einer personalisierten Ernährungstherapie zur Seite, damit du dein persönliches Wohlfühl-Ich wiederfindest.

    Alles Gute,

    Petra von Diaetologie Eberharter

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